Florjan Lipuš in der Kleinen Zeitung vom 22.05.2010

Kultur, nicht Politik!

Es soll nicht geleugnet werden, dass sinkende Zahlen der slowenischen Volksgruppe in Kärnten seit der Volksabstimmung 1920 von Amts wegen öffentlich gewollt werden und dass diesem Bestreben zwanzig Jahre später tätlich und tödlich nachgeholfen wurde, doch am Schwund war die Volksgruppe selbst entscheidend mitbeteiligt. Gewiß, das Bestreben der Kärntner Politik war die Aufspaltung der Volksgruppe, doch diese half dabei tatkräftig mit. Sie opferte ihre Einheit, indem sie sich Ideologien hingab, indem in der Folge dann jeder Teil seine ideologische Ausrichtung über das Ganze stellte. Doch kann man diese Entwicklung aus der Zeit heraus noch verstehen, die Slowenen, teils von Kriegsereignissen überrumpelt, teils verführt und instrumentalisiert, mussten zwischen Überlebensmöglichkeiten entscheiden. Dem vorausgehend kann auch festgehalten werden: Weltoffenheit, Aufklärung und Weitsicht, Duldsamkeit wurden weder vom Staat noch von den Kirchen gefördert, daher haben auch die Menschen von Friedfertigkeit und Großmut nie viel gehalten.

Sollten wir heute als Volksgruppe überleben, so werden wir uns aus dieser Geschichtsklammer notgedrungen befreien und den Pluralismus, die weltanschauliche Vielgestaltigkeit, als einzige Möglichkeit des Überlebens erkennen müssen. Sind wir dazu fähig? Der konservativ erzkatholische Teil ist es bis in die heutige Zeit hinein nicht. Wenn schon der Kärntner Heimatdienst eine Änderung im Denken vorgenommen hat, was ich für überragend und bahnbrechend halte, wenn schon die Vernunft bei den meisten Menschen eine Entwicklung erfahren hat, dann kann man dieses beim Rat der Kärntner Slowenen bisher nicht feststellen. Die Selbstdarsteller, wie sie sich im Rat der letzten Jahre angesammelt haben, legten die Prioritäten und Interessen offen: Der Erhalt der Volksgruppe als Ganzheit war es nicht, der Erhalt der eigenen Pfründe war es wohl. Der Rat, auf ideologische Vorteile und Sendungseinbildung bedacht, hielt sich für die einzig legitimen Vertreter der Volksgruppe, für die einzig richtigen Slowenen, und glaubte, über alle und alles bestimmen zu können. Die anstehenden Veränderungen im Rat sind vielversprechend. Es ist zu hoffen, dass die neue Führung Offenheit und Kompetenz zeigt und wir aufhören, uns mit Politik lächerlich zu machen.

Soll die Volksgruppe als Volksgruppe überleben, so sind weltanschauliche Unterschiede weiterhin erwünscht und Gruppierungnen willkommen, im Interesse der auch vom Nachbarn geforderten Vielfalt, doch unabdingbar grundlegend dabei ist die Gleichberechtigung zwischen ihnen. Die einfache menschliche Wahrhaftigkeit, die Wertschätzung, die Redlichkeit, die Anständigkeit tun es auch.

Doch bei all dem sollten wir uns alle, gleich welcher geistigen Ausrichtung, bewusst sein, dass die Volksgruppe ihren Weiterbestand nur auf Kultur aufbauen kann und dass politische Betätigungen nur den Rang einer Nebensächlichkeit einnehmen können. Wie haben die Sprache zu verlieren. Wäre es nicht angebracht, wir Slowenen erklären die Sprache zum festen und einzigen Grundstein der Einheit?
Und reden nicht nur, sondern handeln danach.