Samuel Salzborn: Kampf gegen die Aufklärung

Das ethnokulturelle Konzept der Volksgruppenpolitik

Fast täglich sind aus allen Teilen Europas Nachrichten über das stete Auflodern ethnischer Konflikte zu vernehmen. Die baskische Terrororganisation ETA bombt für die vollkommene Loslösung von Spanien, die verschiedenen korsischen Separatistengruppen ermorden im Streitfall sogar als Abweichler deklarierte Mitstreiter wie im Fall der beiden Autoren des Buches Pour solde de tout compte, in Nordirland müssen Kinder auf dem Weg zur Schule durch Polizei und Militär vor Anschlägen der rivalisierenden religiösen Gruppen geschützt werden. Obgleich jeder dieser Konflikte eine sehr unterschiedliche Geschichte hat und ihnen zum Teil erheblich differente Ausgangssituationen zu Grunde liegen, ist ihnen eines gemein: in allen Fällen ist eine Lösung vom Nationalstaat Gegenstand der Auseinandersetzung – sei das konkrete Ziel eine personale oder kulturelle Autonomie, sei es eine territoriale Autonomie oder auch die Separation. Und es sind in allen Fällen Konflikte, in denen eine Minderheit Rechte für sich einfordert.

Im Laufe der europäischen Nachkriegsgeschichte hat es vielfältige innerstaatliche wie europäische Versuche zur Lösung derartiger Konflikte gegeben, die sich sowohl auf dem politischen wie dem rechtlichen Feld bewegten und bis heute noch bewegen. Grundsätzlich sind zwei konkurrierende Problemlösungsansätze zu unterscheiden. (1) Auf der einen Seite der Konfliktlösungsmodelle findet sich der zumeist mit dem Terminus des Minderheitenschutzes versehene menschenrechtliche Ansatz, der sich am Individuum orientiert und sich auf dieses als Rechtssubjekt bezieht. In der politischen Tradition der Aufklärung sollen Diskriminierungen aller Art durch Schaffung eines rechtlichen Schutzsystems verhindert werden. Das politische Ziel ist die Überwindung historisch bedingter Ungleichheit durch politische und soziale Integration in bestehende gesellschaftliche Kontexte.

Den Widerpart dieses Modells bildet der kollektivrechtlich argumentierende Ethnisierungsansatz des Volksgruppenrechts, der auf einem völkisch-antiegalitären Fundament fußt. Hier wird das Gleichheitspostulat grundsätzlich abgelehnt und von einer essentialistischen ethnischen Differenz von Menschen ausgegangen, ja sogar von einer »ethnischen Determinierung« gesprochen, die allem politischem und sozialen Handeln zu Grunde liege (2). Im Mittelpunkt steht die als natürliche Gemeinschaft verstandene »ethnische Schicksalsgruppe« (Theodor Veiter) (3). Dem Verständnis eines Volkes als »ethnos« und nicht als »demos« folgend sollen die eingeforderten Sonderrechte nur für autochthone Minderheiten gelten, also solche, die als Staatsangehörige ihres Wohnsitzstaates bereits über die gleichen Rechte verfügen, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch. Somit soll ein Volksgruppenrecht stets nur für »andersvölkische« Angehörige des jeweiligen »Mehrheitsstaates« gelten, die faktisch nach Gesetzeslage als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nicht diskriminiert und somit in ihrer Lebensausübung nicht strukturell-administrativ beeinträchtigt werden, und nicht für Flüchtlinge oder Migrantinnen und Migranten. Ziel ist damit die Segregation von Menschen nach ethnisch-völkischen, sprachlichen, kulturellen und bisweilen sogar auch »rassischen« Kriterien durch die Schaffung eines Systems von kollektiven Sonderrechten.

In Bezug zueinander stehen die beiden Konzepte, weil sie scheinbar das gleiche Ziel verfolgen: den Schutz vor Diskriminierung – in einem Fall soll das Individuum, im anderen die Gruppe geschützt werden. Nur dass das individualrechtliche Modell die Gleichheit der Menschen zur Prämisse und zum Ziel hat, während das kollektivrechtliche System von ihrer Ungleichheit ausgeht und auch eine Ungleichbehandlung durch völkisch-kollektive Sonderrechte etablieren möchte.

In der Praxis werden die Begriffe (nationale) Minderheit und Volksgruppe im deutschen Sprachraum oft synonym verwandt, was insofern verwunderlich ist, als es in den europäischen Verkehrssprachen des Englischen und des Französischen zwar Äquivalente zu dem Begriff der Minderheit gibt (minority, minorité), der Begriff der Volksgruppe jedoch keine adäquaten Entsprechungen hat und von völkischer Seite stets nur durch mehr oder minder absurde sprachliche Hilfskonstruktionen zu übersetzen versucht wird. Die unterschiedlichen Begriffstraditionen weisen überdies auf die Problematik des analogen Gebrauchs der Begriffe hin. Denn die des Minderheitenschutzes geht auf die religiös ausgerichteten Schutzmechanismen während des ausgehenden Spätmittelalters und der beginnenden frühen Neuzeit zurück, deren Ursache die durch die Reformation ausgelöste Spaltung des Christentums war. Der Begriff der Volksgruppe hingegen wurde überhaupt erst in der Weimarer Republik geprägt. Mit dem Volksgruppenbegriff sollte auf internationalem Parkett der – wie der Volkstumstheoretiker Max Hildebert Boehm es formuliert hatte – Theorie des »eigenständigen Volkes« ein Rechtssystem zur Seite gestellt werden, um so gegen die Versailler Ordnung und gegen das demokratische Minderheitenschutzsystem des Völkerbundes zu opponieren (4).

Ethnische Homogenität und völkische Ungleichheit

Das Volksgruppenkonzept bezieht sich auf die im deutschen Sprachraum wesentlich von Herder entwickelte Volkskonzeption und politisiert dessen kulturellen Ansatz, da eine raumordnerische Konsequenz aus der kulturellen Teilung der Menschheit in Völker und Volksgruppen gezogen werden soll. Soziale und politische Konflikte werden dabei naturalisiert und in einen ethnischen Entstehungszusammenhang gerückt. Aufgrund dessen, dass Ethnizität als essentielle Kategorie gedacht wird und zum höchsten Gut des menschlichen Wesens avanciert, besteht das politische Ziel der Volksgruppentheorie in einer kompletten sozialen und politischen Segregation von Menschen entlang ethnischer Kriterien und in der Schaffung separierter Ethnoregionen für die einzelnen Volksgruppen: “Betont wird die ethnisch-kulturelle Homogenität der Bevölkerung, oder zumindest ihre kulturelle-mentalitätsmäßige Ähnlichkeit bis hin zur gemeinsamen Betroffenheit durch negative Einwirkungen von außen. Davon ausgehend wird die Gleichartigkeit der Interessen der Betroffenen gegenüber anderen Regionen oder dem übergeordneten System behauptet” (5).
Auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen sollen ethnische Parallelstrukturen geschaffen werden, die im ersten Schritt zu einer sozialen Segmentierung innerhalb der jeweiligen nationalen Gesellschaft führen, im zweiten zu einer durch fiskalische Eigenständigkeit gestützten politischen Autonomie. Die gesellschaftliche Separation soll dabei wesentlich durch Etablierung von autonomen Strukturen auf sozialer, kultureller, sprachlicher, bildungspolitischer und religiöser Ebene erreicht werden, die den ethnischen Differenzierungskriterien folgen sollen. Ein Element eine derartigen Politik wäre beispielsweise die Einrichtung von autonomen Schulen für Angehörige der autochthonen Minderheiten, in denen diesen (als Staatsangehörigen des jeweiligen Nationalstaates) aufgrund der ihnen zugeschriebenen differenten »Volkszugehörigkeit« eine kollektive Separatidentität vermittelt werden soll – was keinesfalls zu verwechseln ist mit sprachlichen oder bildungspolitischen Maßnahmen für Angehörige allochthoner Minderheiten, die der Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit wie der gesellschaftlichen Integration dienen.

Die politische Separation der »Volksgruppenräume« ist vor allem eine Frage der Zeit, da sich die Unabhängigkeit der sozial konstruierten und infolgedessen schrittweise konstituierenden »autonomen Ethnoregionen« auch auf Hoheitskompetenzen im Bereich der Legislative, der Exekutive und der Judikative beziehen soll. Die völkische definierten, regional strukturierten Räume sollen in allen Belangen autonom handeln und peu à peu aus den sozialen und politischen Bezügen des Nationalstaates isoliert werden, was letztlich nichts anderes bedeutet als die Herausbildung von ethnischen Großraumgettos und damit die Schaffung von »Volksgruppenzoos« (Karl Heinz Roth).

Das politische Ziel der Volksgruppenpolitik ist dabei die Zerschlagung aller ethnisch »nicht-homogenen« Nationalstaaten (was in der Praxis beispielsweise die vollständige Auflösung Belgiens oder die Separierung von mehr als einem Drittel des französischen Staatsgebietes zur Folge hätte) und die Schaffung einer ethnoregionalen Struktur mit autonomen Volksgruppenräumen im Rahmen einer europäischen Ethnoföderation (6). Und in diesem ethnoregionalen Europa werden die Regionen kategorisch völkisch definiert, zur natürlichen Heimat stilisiert und – wie Undine Ruge in einer Vergleichsuntersuchung zu verschiedenen »Europa der Regionen«-Konzepte herausgearbeitet hat – als organisch gedachte kleine Einheiten zur Identifikationsfläche einer ethnoföderalen »Nation Europa« (7).
Innerhalb Europas wird so ein nach Völkern und Volksgruppen gegliederter Verbund ethnisch homogener Regionen gefordert, der wie Friedemann Schmidt formuliert hat, “nicht komplementär sondern als Gegenmodell zur Europäischen Integration” zu verstehen ist (8). Das ethnoregionale Konzept zielt auf die Revision der Staatsgrenzen, die aufgehoben und nach ethnischen Kriterien neu gezogen werden sollen (9). Ziel ist die Schaffung eines neuen europäischen Reiches, in dem “machtstaatliches Handeln nach außen mit einer autoritären Formierung nach innen” verbunden werden soll. Insofern ist auch Max Gallo zuzustimmen, wenn er die völkischen Reichsvorstellungen und ethnoregionalen Europakonzepte als das Ende der demokratischen und republikanischen Partizipationsgesellschaft beschreibt: “Die ethnischen Nationalisten werden ein mafiöses, rassistisches und fremdenfeindliches Europa erreichen. Ich ziehe dem Europa der Regionen ein Europa der Nationen vor, weil ich glaube, dass nur die republikanische Nation eine Nation sein kann, die Rassismus und Fremdenfeindlichkeit überwindet und die freie Entscheidung des Individuums ermöglicht” (10).

Revision der europäischen Nachkriegsordnung

Die von der Volksgruppentheorie erstrebte Etablierung antidemokratischer Standards im europäischen Ordnungszusammenhang stellt eine immense Bedrohung der europäischen Nachkriegsordnung insofern dar, als völkische Theoreme aus dem Umfeld der so genannten Konservativen Revolution und des Nationalsozialismus positiv rezipiert werden und politisch umgesetzt werden sollen. Darüber hinaus birgt diese Entwicklung die Gefahr in sich, dass die jetzige politische Ordnung in Europa durch ein von rechtsextremer Seite forciertes völkisch-hierarchisches Modell ersetzt werden könnte.

Besonders Bedeutung erlangt die Analyse der Volksgruppenkonzepte vor allem, weil im Rahmen des Europarates mit der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 5. November 1992 sowie dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten vom 1. Februar 1995 inzwischen zwei Rechtsinstrumente vorliegen, die neben individualrechtlichen Aspekten auch auf kollektivrechtliche Regelungen im Sinne der Volksgruppentheorie zurückgreifen – freilich ohne den deutschen Terminus »Volksgruppe« expressis verbis zu gebrauchen. Die nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl politisch wie rechtlich bestehende Ablehnung solcher kollektivrechtlicher Regelungen – eine der zentralen internationalen Reaktionen auf die von den Nationalsozialisten praktisch exekutierte Volksgruppenpolitik – droht somit aufzuweichen.

Denn es gibt im partikulären, auf europäischer Ebene gültigen Völkerrecht Tendenzen einer Ethnisierung, d.h. das Konzept der kollektiven Sonderrechte beginnt auf der Ebene des für die Mitgliedsstaaten des Europarates geltenden Völkerrechts das Prinzip des individuellen Antidiskriminierungsschutzes mindestens zu ergänzen, wenn nicht gar zu ersetzen (11). Denn mit der Sprachencharta ist nicht ein ausschließlich an menschenrechtlichen Antidiskriminierungsvorgaben orientiertes System entwickelt worden, sondern in ihr wird der aktive Ausbau der Sprachen der autochthonen Minderheiten bzw. Volksgruppen als völkische Kollektive proklamiert (12). So heißt es in Artikel 1a programmatisch: “Im Sinne dieser Charta bezeichnet der Ausdruck ‚Regional- oder Minderheitensprachen‘ Sprachen, die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates, und die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden; er umfasst weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates noch die Sprachen von Zuwanderern.” Die Bestimmungen der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen sind völkerrechtlich, also gegenüber den Vertragsstaaten, verbindlich, wirken im innerstaatlichen Bereich jedoch nicht unmittelbar, weil sie erst durch juristische Bestimmungen in innerstaatliches Recht umgesetzt werden müssen.

Im Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten wurden die sprachrechtlichen Bestimmungen noch um die Verpflichtung ergänzt, dass die Minderheitensprachen künftig “ohne Eingriffe öffentlicher Stellen und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen” zum Einsatz kommen können sollen (Art. 9, Abs. 1). Die den nationalen Minderheiten gewährten Rechte werden im Vergleich zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen durch das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten insgesamt erheblich ausgeweitet:(13) “Die Vertragsparteien verpflichten sich, erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um in allen Bereichen des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens die vollständige und tatsächliche Gleichheit zwischen den Angehörigen einer nationalen Minderheit und den Angehörigen der Mehrheit zu fördern.” (Art. 4, Abs. 2) Ferner wurde festgelegt, dass die Bedingungen zu fördern seien, die es “Angehörigen nationaler Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln und die wesentlichen Bestandteile ihrer Identität, nämlich ihre Religion, ihre Sprache, ihre Traditionen und ihr kulturelles Erbe, zu bewahren.” (Art. 5, Abs. 1) Nachdem das bereits am 10. November 1994 vom Ministerrat beschlossene Rahmenübereinkommen schließlich von 12 der 41 Mitgliedstaaten ratifiziert worden war, trat es als völkerrechtlich verbindlicher Vertrag in Kraft.

Die Südtiroler Volksgruppentheoretikerin Beate Sibylle Pfeil stellte daraufhin zustimmend fest: “In Zukunft könnte das Übereinkommen dann zum konstituierenden Element eines umfassenden europäischen Minderheitenschutzsystems werden, zusammen mit der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, dem in Auftrag gegebenen Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention und einer – derzeit erst diskutierten – Autonomie-Konvention ” (14).

Das Streben nach einer solchen Autonomie-Konvention verweist deutlich auf die historischen Bezüge der Volksgruppenpolitik: Das Konzept der »Nationalen Autonomie« – wie auch der programmatische Titel eines Buches von Theodor Veiter von 1938 lautete. Veiter, der später zum einflussreichsten und bedeutendsten Volksgruppentheoretiker der Nachkriegszeit avancierte, entwickelte darin eine Rangfolge der “Formen des Volksgruppenrechtes”, an dessen Spitze er die Nationale Autonomie sah, die ihm als “dem Wesen des Volkstums gemäßeste Regelung des Volksgruppenrechtes” galt. Diese Nationale Autonomie sei erreicht, wenn die Rechtspersönlichkeit der Volksgruppe anerkannt, sie mit eigener Gesetzgebungs- und Selbstverwaltungskompetenz ausgestattet werde und zudem ihre territoriale Autonomie verwirklicht sei (15).

Den rechtlichen Ordnungsrahmen für das Konzept der Nationalen Autonomie bildete seinerzeit jedoch nicht eine aus dem völkerrechtlichen Kontext herrührende Norm – die völkerrechtliche Ordnung war durch das liberale Minderheitenrecht des Völkerbundes geprägt – sondern ausschließlich das innerstaatliche Recht der jeweiligen Staaten, denn es gab “keine völkerrechtliche Bestimmung, durch welche kollektive (Persönlichkeits-)Rechte einer Volksgruppe, die sich als ein Anspruch internationalen Rechtes darstellen, unmittelbar begründet würden”, wie auch Veiter zutreffend betonte (16). Die Autonomiekonzeptionen der Zwischenkriegszeit waren gegen die Regelungen der Pariser Vorortverträge gerichtet und zielten auf die Aufhebung der liberal-demokratischen Minderheitenschutzkonzeptionen unter der Ägide des Völkerbundes – Konzeptionen, die auf den Schutz vor Diskriminierung abgestellt hatten und in deren Zentrum das Individuum stand.

Wenn heute von völkischer Seite wieder versucht wird, eine Autonomie-Konvention im europäischen Rahmen als Rechtsinstrument zu verankern, muss dieser historische Kontext mitgedacht werden. Mehr noch: was den Volksgruppentheoretikern von einst vergönnt blieb – das Volksgruppenrecht wurde niemals allgemeingültiges Völkerrechtsinstrument – könnte unter veränderten Vorzeichen in der Zukunft wirkungsmächtig werden. Und dabei steht die völkische Fundierung des Volksgruppenrechts ebenso außer Zweifel, wie seine antiliberale und antibürgerliche Stoßrichtung. Eine Stoßrichtung, bei der die politische Entwicklung nicht nur hinter die europäische Ordnung von Potsdam und Versailles zurückfallen würde, sondern sogar hinter die Errungenschaften von Französischer Revolution und Aufklärung – und hier im Besonderen hinter das Postulat der menschlichen Gleichheit.

Der Aufsatz ist zuerst erschienen in: Forum Wissenschaft, Heft 1/2003
( siehe unter http://www.salzborn.de/txt/fowi0103.pdf )

Dr. Samuel Salzborn, Diplom-Sozialwissenschaftler, arbeitet als Politikwissenschaftler an der Universität Giessen. Weitere Informationen unter http://www.salzborn.de

Anmerkungen:
1 Siehe hierzu auch: Samuel Salzborn: Individuelle und kollektive Minderheitenrechte im Widerstreit, in: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens, H. 5/2002, S. 606 ff.
2 Vgl. Christoph Pan: Grundelemente zur Theorie der Ethno-Soziologie, in: Theodor Veiter (Hg.): System eines internationalen Volksgruppenrechts, 2. Teil: Innerstaatliche, regionale und universelle Struktur eines Volksgruppenrechts, Wien/Stuttgart 1972, S. 288.
3 Vgl. Theodor Veiter: Das Recht der Volksgruppen und Sprachminderheiten in Österreich. Mit einer ethnosoziologischen Grundlegung und einem Anhang (Materialien), Wien/Stuttgart 1970, S. 56.
4 Vgl. Max Hildebert Boehm: Das eigenständige Volk. Volkstheoretischen Grundlagen der Ethnopolitik und Geisteswissenschaften, Göttingen 1932.
5 Günther Pallaver: Kopfgeburt Europaregion Tirol. Genesis und Entwicklung eines politischen Projekts, in: Jahrbuch der Arbeitsgruppe Regionalgeschichte Bozen, 9. Jg. (2000), S. 247.
6 Vgl. Pierre Hillard: Minorités et Régionalismes dans l’Europe Fédérale des Régions. Enquête sur le plan allemand qui va bouleverser l’Europe, Paris 2001, S. 137 ff.
7 Vgl. Undine Ruge: Demokratisch, praktisch, gut? Das “Europa der Regionen” und die Osterweiterung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, H. 6/2001, S. 725.
8 Vgl. Friedemann Schmidt: Die Neue Rechte in Europa. Zur ideologisch-strategischen Funktion intellektueller Zirkel bei der Erneuerung der extremen Rechten in der EU, Brüssel 2001, S. 26.
9 Vgl. ebd.
10 Max Gallo: Interview in: konkret, H. 9/2000, S. 3.
11 Die völkerrechtlichen Entwicklungen sind ausführlich dargestellt in: Samuel Salzborn: Heimatrecht und Volkstumskampf. Außenpolitische Konzepte der Vertriebenenverbände und ihre praktische Umsetzung. Mit einem Vorwort von Wolfgang Kreutzberger, Hannover 2001, S. 196 ff.
12 Vgl. hierzu ausführlich: Yvonne Bollmann: La Bataille des langues en Europe, Paris 2001.
13 Nichts desto trotz sind im Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten auch Elemente einer individualrechtlich ausgerichteten Minderheitenpolitik festzustellen (wie etwa der Antidiskriminierungsschutz), was die Ambivalenzen in der völkerrechtlichen Entwicklung verdeutlicht: es handelt sich bei dem Ethnisierungsprozess keineswegs um einen abgeschlossenen oder gar unumkehrbaren Vorgang, sondern die künftige Entwicklung ist offen – allerdings gleichermaßen für die Fortsetzung eines völkischen wie auch eines republikanischen Weges.
14 Beate Sibylle Pfeil: Bewährungsprobe für Europa. Das Europarat-Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Sprachencharta, in: Deutscher Ostdienst, H. 9/1998, S. 1.
15 Vgl. Theodor Veiter: Nationale Autonomie. Rechtstheorie und Verwirklichung im positiven Recht, Wien/Leipzig 1938, S. 80 f.
16 Vgl. ebd., S. 73.