Verschiedene Tiefenkulturen

Die Verleihung des europäischen Bürgerpreises an die Konsensgruppe durch das EU-Parlament hat große Aufmerksamkeit hervorgerufen. Es ist aber interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Reaktionen waren, die nur zu einem gewissen Grad der Logik Slowenen/Deutscher oder Minderheiten- bzw. Mehrheitsangehöriger folgten.

Vorest zur Sphäre der katholischen Kirche: der Gurker Bischof Dr. Schwarz hat von Anfang an sehr offensiv den Prozess der Versöhnung in Form der Konsensgruppe und zuletzt durch einen sehr freundlichen Gratulationsbrief an die Konsensgruppe zum Europäischen Bürgerpreis gratuliert. In der Sphäre des slowenischen Teils der katholischen Kirche wurde die Arbeit der Konsensgruppe kritisiert oder stieß auf Zurückhaltung. Der Vertreter der slowenischen Katholischen Aktion, Hanzi Filipč, hat in einem sehr polemischen Kommentar in der slowenischen Kirchenzeitung Nedelja die Arbeit der Konsensgruppe fundamental kritisiert. In der Zeitschrift Mladina beschreibt der Co-vorsitzende des deutsch-slowenischen Koordinationsausschusses der kärntner katholischen Kirche, Nanti Olip, das Wirken der Konsensgruppe als “sehr gefährlich”. “Das habe ich immer mit den venzianischen Puppen verglichen. Eines sind die Gesichter, die sie nach außen zeigen, etwas anderes sind ihre Taten, die immer die gleichen geblieben sind und die früher oder später über die südkärntner Dörfer hinwegfegen werden”.

Auf der anderen Seite aber muß der Bischofsvikar Dr. Marketz und der Obmann des Christlichen Kultzurverbandes Dr. Zerzer erwähnt werden, die zwar kritisch, aber konstruktiv die Verleihung des Bürgerpreises kommentieren.

Auch der Obmann des Landes-EL, Vladimir Smrtnik verurteilt in der Maldina mehr oder weniger die Verleihung des Bürgerpreises an die Konsensgruppe: “der europäische Preis auf oder ab … unterm Strich ist klar, das davon – wissentlich oder nicht – nur die rechte Option innerhalb der Gruppe und Kärntens profitiert. Warum? Weil dadurch nur das Ansehen Kärntens ‘verschönert’ wird, auf der anderen Seite aber gibt es seit der ersten VFGH-Entscheidung bis heute – also in neun Jahren – keine einzige zusätzliche zweisprachige Ortstafel”.

Auch der Vergleich des Medienechos auf die Preisverleihung zeigt große Unterschiede auf: die slowenischen Medien in Slowenien waren eher zurückhaltend, die österreichischen eher positiv-konstruktiv. Ähnlich war es mit der Reaktion der Politiker: die slowenischen EU-Abgeordneten haben offensichtlich die Preisverleihung bojkottiert, die österreichischen Politiker (vom Präsidenten der Republik abwärts) haben – mit Ausnahme des BZÖ – gratuliert. Es müssen aber der slowenischen Minister dr. Žekš und der slowenische Parlamentspräsident dr. Gantar erwähnt werden, die gratuliert haben bzw. eine Grußbotschaft geschickt haben.

Es ist dabei auch zu einigen skurrilen Allianzen gekommen: in der radikalen Ablehnung des Preises fanden sich der Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, Karel Smolle, und der Obmann des Abwerkämpgerbundes, Fritz Schretter, in “einem Boot”.

Am skurrilsten war wohl ein Brief von Peter Gstettner an den Chefredakteur der Kleinen Zeitung, in dem er den Präsidenten des Lantages Lobnig dafür lobt, dass er den Wappensaal für die Preisverleihung nicht zur Verfügung gestellt hat. Damit ..”dient er…. mehr dem Ruf Kärntens als er ihm schadet”, schrieb Gstettner.

Was folgt aus dem? Offensichtlich sind die mentalen Reservationen oder die Tiefenkulturen innerhalb gewisser Strukturen der Minderheit und innerhalb der Mehrheit noch sehr stark. Diese Grenzen sind bei der Minderheit – in verschiedenen Formen und Intensitäten- sowohl im rechtskatholischen als auch im linksliberalen Lager präsent. Innerhalb der Mehrheit gibt es sie eher bei den extrem rechten Gruppierungen. Tiefe mentale Reservationen sind auch zwischen Slowenien und Kärnten und etwas weniger tiefgehend zwischen Slowenien und Österreich vorhanden.

Deshalb ist es notwendig den Prozess des Abbaues der Mentalreservationen sowohl innerhalb Kärntens als auch über die Grenze hinweg fort zu setzen. Es gibt keine andere Alternative.